Materialien auf Polymerbasis, wie z.B. Kunststoffe, sind im Alltagsleben von sehr großer Bedeutung. In vielen Anwendungen liegen Polymere nicht als Reinstoffe vor, sondern zusammen mit Additiven. Durch Mischung geeigneter Komponenten lassen sich nämlich gewünschte Materialeigenschaften sehr gut einstellen. Beispielsweise kann durch Zugabe geeigneter Salze eine hohe Ionenleitfähigkeit erreicht werden.

Polymersysteme genau charakterisieren

Für eine gezielte Optimierung der Materialeigenschaften ist es wichtig, die Wechselwirkung der Konstituenten zu kontrollieren. Wir verwenden kernmagnetische Resonanz (engl., nuclear magnetic resonance, NMR) und molekulardynamische (MD) Simulationen, um die Struktur und die Dynamik von Systemen auf Polymerbasis genau zu charakterisieren und so ein Verständnis für das Zusammenspiel der Komponenten zu erlangen.

Bild: AG Vogel

NMR-Experimente an Polymerelektrolyten

Zur Herstellung von Polymerelektrolyten nutzt man aus, dass verschiedene Polymere in der Lage sind, Salze zu lösen. In den entstehenden Mischungen findet ein schneller Transport der gelösten Ionen statt, sodass Polymerelektrolyte vielfältig Einsatz in Energietechnologien finden. Wir nutzen die Isotopenselektivität der NMR, um sowohl die Polymer- als auch die Ionendynamik im Detail zu analysieren.

Beispielsweise messen wir mit Hilfe von NMR-Experimenten in magnetischen Feldgradienten die Diffusionskoeffizienten der einzelnen Komponenten in Abhängigkeit von der Salzkonzentration und der Temperatur. Die Ergebnisse belegen die Existenz einer starken Kopplung von Polymer- und Ionendynamik. Eine hohe Beweglichkeit der Polymermatrix ist somit eine Grundvoraussetzung für einen schnellen Transport der Ionen.

Temperaturabhängige Diffusionskoeffizienten der Polymerketten (1H NMR) und der Lithiumionen (7Li NMR) in Polymerelektrolyten verschiedener Zusammensetzung
Temperaturabhängige Diffusionskoeffizienten der Polymerketten (1H NMR) und der Lithiumionen (7Li NMR) in Polymerelektrolyten verschiedener Zusammensetzung
Bild: AG Vogel

Untersuchungen an Polymer-Nanokompositen

Eine Zugabe von Nanopartikeln zu Polymeren ist in vielen Fällen eine sehr erfolgreiche Strategie zur Verbesserung der Materialeigenschaften. So lassen sich oft die mechanischen und elektrischen Eigenschaften von Polymerelektrolyten auf diese Weise verbessern. Wir führen Messungen und Simulationen zum Studium von Nanokomposit-Polymerelektrolyten durch.

An Hand der Messresultate für Polymerelektrolyte aus Poly(ethylenoxid), LiClO4 und TiO2-Nanopartikeln wird deutlich, dass sich eine erhöhte ionische Leitfähigkeit zum Teil auf eine geringere Kristallinität des Polymers im Nanokomposit zurückführen lässt. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass sich das Polymer in der Nähe der Nanopartikel in Form von Schichten parallel zu den Grenzflächen anordnet. Die geringere Kristallisationsneigung im Nanokomposit könnte somit darin begründet sein, dass die verschiedenen Ordnungstendenzen an den Grenzflächen bzw. im Kristall interferieren.

Simulierte Struktur des Nanokomposits Poly(ethylenoxid) – TiO2. Man erkennt die schichtweise Anordnung des Polymers an den Grenzflächen.
Simulierte Struktur des Nanokomposits Poly(ethylenoxid) – TiO2. Man erkennt die schichtweise Anordnung des Polymers an den Grenzflächen.

Publikationen

  • Manuel Becher et al., “From Local to Diffusive Dynamics in Polymer Electrolytes: NMR Studies on Coupling of Polymer and Ion Dynamics across Length and Time Scales,” Macromolecules 52, no. 23 (December 10, 2019): 9128–39, https://doi.org/10.1021/acs.macromol.9b01400.
  • André Bormuth et al., “Chain-Length Dependence of Polymer Dynamics: A Comparison of Results from Molecular Dynamics Simulations and Field-Cycling 1 H NMR,” Macromolecules 46, no. 19 (October 8, 2013): 7805–11, https://doi.org/10.1021/ma401198c.
  • M. Weigler et al., “On the Microscopic Origins of Relaxation Processes in Aqueous Peptide Solutions Undergoing a Glass Transition,” The Journal of Chemical Physics 152, no. 23 (June 21, 2020): 234503, https://doi.org/10.1063/5.0010312.