Bei Erniedrigung der Temperatur nimmt die Größe der Cluster und der Strings stark zu. Dies ist eine mögliche Ursache der größeren Temperaturabhängigkeit der strukturellen Relaxation bei tieferen Temperaturen und somit der Abweichungen von einem Arrhenius-Gesetz. Während des Verlaufs der strukturellen Relaxation weisen unterschiedliche Gruppen von Teilchen erhöhte Beweglichkeit auf. Wir finden, dass Teilchen, die sich in der Nähe von vorher hoch beweglichen Teilchen befinden, eine höhere Tendenz haben, hoch mobil zu werden als andere Teilchen, d.h. es existiert eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine kontinuierliche Propagation von Mobilität.
Für die theoretische Beschreibung des Glasübergangs ist die Temperaturabhängigkeit der strukturellen Relaxation ein wesentlicher Input. In der Literatur besteht jedoch kein Konsens, welche funktionelle Form die charakteristischen Abweichungen vom Arrhenius-Gesetz am besten beschreibt. Eine vergleichsweise neuer Ansatz schlägt vor, die Aktivierungsenergie in zwei Beiträge aufzuspalten: Ein Beitrag, der konstant ist und durch die Dynamik der Flüssigkeit bei hohen Termperaturen bestimmt ist, und ein Beitrag, der mit Abkühlung wächst und die zunehmende Kooperativität der Dynamik beschreibt. Unsere Simulationsresultate für verschiedene Modelle von unterkühlten Flüssigkeiten, z.B. Wasser, Silicaschmelze und ionischen Flüssigkeiten, zeigen, dass die glasartige Verlangsamung auf eine exponentielle Temperaturabhängigkeit des kooperativen Beitrags zur Aktivierungsenergie zurückgeführt werden kann. Dies liefert eine wichtige neue Vorgabe für theoretische Ansätze.