Wir entwickeln selbst gebaute NMR-Apparaturen kontinuierlich weiter, um neue Einsatzgebiete zu erschließen. Hauptziele dieser Arbeiten sind die Verwendung starker Magnetfeldgradienten für Experimente mit hoher Ortsauflösung oder zur Messung kleiner Diffusionskoeffizienten und der Einsatz des 'Fast Field Cycling' zur Untersuchung molekularer Dynamik in einem breiten Zeitfenster.

Bild: AG Vogel

Starke Feldgradienten für hohe Ortsauflösung

Wir verwenden starke statische Magnetfeldgradienten für ortsaufgelöste Untersuchungen strukturell oder dynamisch inhomogener Materialien und entwickeln Aufbauten zur präzisen Probenpositionierung. Dies erlaubt es uns, sehr hohe 1D-Auflösungen von ca. 2 Mikrometern zu erreichen.

Demonstration hoher Ortsauflösung in NMR-Experimenten mit starken statischen Magnetfeldgradienten: Die Amplitude des 1H NMR-Signals steigt sprunghaft an, wenn man den angeregten Bereich in der Probe vom anorganischen Substrat zu einer mit organischer Flüssigkeit befüllten Kavität verschiebt.
Demonstration hoher Ortsauflösung in NMR-Experimenten mit starken statischen Magnetfeldgradienten: Die Amplitude des 1H NMR-Signals steigt sprunghaft an, wenn man den angeregten Bereich in der Probe vom anorganischen Substrat zu einer mit organischer Flüssigkeit befüllten Kavität verschiebt.

In herkömmlichen NMR-Experimenten stammt das Signal und damit die Information aus dem gesamten Probenvolumen. Ortsaufgelöste Studien sind möglich, wenn Magnetfelder mit einem Gradienten zum Einsatz kommen. Unter solchen Bedingungen variiert über die Probe hinweg nicht nur die Stärke des magnetischen Felds, sondern auch die Larmor-Frequenz der kernmagnetischen Momente. Nur in einem bestimmten räumlichen Bereich ist somit die zur Erzeugung des Signals notwendige Resonanzbedingung für die Übergänge zwischen den Zeeman-Niveaus erfüllt. Einzelne Bereiche können folglich gezielt adressiert werden. Die Hauptanwendung dieses Effekts sind MRT-Aufnahmen in der medizinischen Diagnostik. Für die Entwicklung der MRT-Methode erhielten P. Lauterbur and P. Mansfield im Jahr 2003 den Nobelpreis für Medizin. Wir verwenden Magnetfeldgradienten für ortsaufgelöste Untersuchungen strukturell oder dynamisch inhomogener Materialien.

In der klinischen Anwendung, werden die magnetischen Feldgradienten in Form von geeigneten Pulsen angelegt, um 3D Bilder zu generieren. Dabei liegt die räumliche Auflösung von Magnetresonanz-Tomographen typischerweise im Bereich von Millimetern. Wir verwenden deutlich stärkere statische Magnetfeldgradienten und entwickeln Aufbauten zur präzisen Probenpositionierung. Dies erlaubt es uns, sehr hohe 1D-Auflösungen von ca. 2 Mikrometern zu erreichen. Dadurch können wir bestimmte Bereiche in der Probe gezielt ansprechen, um z.B. strukturelle und dynamische Eigenschaften an inneren Grenzflächen zu erforschen. Diese Möglichkeit nutzen wir u.a. im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs, um Konzentrationsgradienten in verdampfenden Flüssigkeitstropfen zu messen, die von großer Bedeutung für viele technologische Prozesse sind, nicht zuletzt das Drucken.

Publikationen:

  • B. Kresse et al., “One Dimensional Magnetic Resonance Microscopy with Micrometer Resolution in Static Field Gradients,” Journal of Magnetic Resonance 307 (October 2019): 106566, https://doi.org/10.1016/j.jmr.2019.106566.
Bild: AG Vogel

Starke Feldgradienten für Diffusionsmessungen

Im Vergleich zu gepulsten Varianten können statische Feldgradienten deutlich größer sein, sodass sich geringere Verschiebungen und somit kleinere Diffusionskoeffizienten beobachten lassen. Wir nutzen diese Möglichkeit aus, um mit Hilfe von statischen Feldgradienten (SFG) in NMR-Experimenten langsame Diffusion in viskosen, weichen oder festen Systemen zu studieren.

Ein Einsatz von Magnetfeldgradienten erlaubt in der NMR wegen der resultierenden Ortsabhängigkeit der Larmor-Frequenz auch eine Messung von molekularen Diffusionskoeffizienten. Die Translationsbewegung eines Moleküls bezüglich des Feldgradienten führt dann nämlich zu einer detektierbaren Frequenzänderung. Zur Frequenzkodierung können gepulste oder statische Feldgradienten zum Einsatz kommen. Um die Frequenzänderung zu detektieren, werden die Ergebnisse zweier Frequenzmessungen zu verschiedenen Zeiten miteinander korreliert.

Die Stärke des verwendeten Magnetfeldgradienten bestimmt in der NMR-Diffusometrie den zugängliche Bereich von Diffusionskoeffizienten. Die Stärke des Gradienten bestimmt nämlich die Ortsabhängigkeit der Frequenz und damit die minimale translative Verschiebung, die für eine noch detektierbare Änderung der Frequenz erforderlich ist. Im Vergleich zu gepulsten Varianten können statische Feldgradienten deutlich größer sein, sodass sich geringere Verschiebungen und somit kleinere Diffusionskoeffizienten beobachten lassen. Wir nutzen diese Möglichkeit aus, um mit Hilfe von statischen Feldgradienten (SFG) in NMR-Experimenten langsame Diffusion in viskosen, weichen oder festen Systemen zu studieren.

Publikaionen:

  • Max Weigler et al., “Static Field Gradient NMR Studies of Water Diffusion in Mesoporous Silica,” Physical Chemistry Chemical Physics 22, no. 25 (2020): 13989–98, https://doi.org/10.1039/D0CP01290D.
Selbstdiffusionskoeffizienten von Anionen und Kationen in ionischen Flüssigkeiten
Selbstdiffusionskoeffizienten von Anionen und Kationen in ionischen Flüssigkeiten
Bild: AG Vogel

Fast-Field-Cycling-Relaxometrie

In unserem Labor, wird eine selbst gebaute Field-Cycling-Apparatur kontinuierlich weiterentwickelt, um den zugänglichen Frequenzbereich noch weiter zu vergrößern. Mit Hilfe eines eigens entwickelten Systems zur aktiven Abschirmung ist es möglich, NMR-Experimente bei einer Larmor-Frequency von 3 Hz durchzuführen.

Die Spin-Gitter-Relaxationszeit T1 charakterisiert in NMR-Experimenten die Zeitskala des Aufbaus der Magnetisierung in einem angelegten Magnetfeld B0. Die Namensgebung Spin-Gitter-Relaxation bringt dabei zum Ausdruck, dass während der Relaxation Energie von den Kernspins auf die einbettende Materie, das Gitter, übertragen wird. Die Effizienz dieses Transfers hängt von der molekularen Dynamik in der Probe ab. Genauer bestimmt die Spektraldichte der Bewegung bei der Larmor-Frequenz den Wert von T1. Die Form der Spektraldichte lässt sich somit ermitteln, wenn man T1- Messungen in einem sehr breiten Bereich von Larmor-Frequenzen durchführt.

Eine Variation der Larmor-Frequenz erfordert eine Veränderung der Feldstärke B0. Herkömmliche NMR-Magneten bieten diese Möglichkeit nicht, da ihre supraleitenden Spulen den Wert von B0 fest vorgeben. Dahingegen lässt sich das Magnetfeld von geeigneten Elektromagneten schnell schalten. Insbesondere erlauben 'Fast-Field-Cycling-Relaxometer' eine Messung von T1 in einem großen Frequenzbereich. In unserem Labor, wird eine selbst gebaute Field-Cycling-Apparatur kontinuierlich weiterentwickelt, um den zugänglichen Frequenzbereich noch weiter zu vergrößern. Um sehr niedrige B0-Felder und damit sehr kleine Larmor-Frequenzen zu erreichen, ist es nicht nur notwendig das Erdmagnetfeld zu kompensieren, sondern es ist sogar erforderlich fluktuierende Magnetfelder abzuschirmen, die durch zeitabhängie Ströme im Labor verursacht werden. Mit Hilfe eines eigens entwickelten Systems zur aktiven Abschirmung ist es möglich, NMR-Experimente bei einer Larmor-Frequency von 3 Hz durchzuführen. Dies ist derzeit der Weltrekord!

Publikationen:

  • B. Kresse et al., “1 H NMR at Larmor Frequencies down to 3 Hz by Means of Field-Cycling Techniques,” Journal of Magnetic Resonance 277 (April 2017): 79–85, https://doi.org/10.1016/j.jmr.2017.02.002.